משֶׁה קִבֵּל תּוֹרָה מִסִּינַי, וּמְסָרָהּ לִיהוֹשֻׁעַ, וִיהוֹשֻׁעַ לִזְקֵנִים, וּזְקֵנִים לִנְבִיאִים, וּנְבִיאִים מְסָרוּהָ לְאַנְשֵׁי כְנֶסֶת הַגְּדוֹלָה. הֵם אָמְרוּ שְׁלשָׁה דְבָרִים, הֱווּ מְתוּנִים בַּדִּין, וְהַעֲמִידוּ תַלְמִידִים הַרְבֵּה, וַעֲשׂוּ סְיָג לַתּוֹרָה: Moses1 Zu den meisten Sätzen dieses Traktats befindet sich eine Erklärung und erweiterte Ausführung in dem allen Talmud-Editionen beigedruckten אבות דר׳ נתן, das hier mit AN. zitiert wird. EM. bezeichnet meine Abhandlung: „Die erste Mischna“ (Berlin 1882). hat die Tora2 Hier vorzugsweise „die mündliche Lehre“ תורה שבעל פה, auch מסורת = παράδοσις (τῶν πατέρων) oder קבלה = διαδοχή genannt (vgl. Josephus Ant. XIII, 10, 6). Die Väter, welche die mündliche Lehre von Geschlecht zu Geschlecht überliefert haben, sind die אבות, nach denen dieser Traktat benannt ist, EM. 6 und 26. auf dem Sinai3 מסיני eig. vom Sinai her, Edujot VIII, 7. empfangen und sie dem Josua überliefert,4 מסר aram. übergeben, davon מסורת Note 2. und Josua den Ältesten,5 Josua 24, 31. und die Ältesten den Propheten,6 Jerem. 7, 25. In AN. 1 werden noch die Richter (שופטים) zwischen זקנים und נביאים eingeschaltet. und die Propheten haben sie den Männern der großen Versammlung7 Die aus 120 Männern zusammengesetzte oberste Gerichtsbehörde, die in den ersten Zeiten des zweiten Tempels eine ähnliche Stellung hatte, wie das spätere Synedrion, das ebenfalls כנסת = כנישתא genannt wurde (Megillat Taanit c. 10), vgl. Mag. f. d. Wissensch. d. Judent. 1883 S. 46—63. — In AN. 1 sind חגי זכריה ומלאכי zwischen נביאים und אנשי כנה״ג hinzugefügt. überliefert. Diese sprachen drei Dinge aus: Seid8 הוו wie Gen. 27, 29. vorsichtig9 מהון langsam, gelassen, davon המתין warten. beim Richtspruche,10 Nach AN. 1 bei jedem UrTeil. stellet viele Schüler aus, und machet einen Zaun um die Tora11 Treffet Maßregeln zum Schutze des Gesetzes, vgl. חכמים עשו סייג לדבריהם Berachot 4b. — Nach AN. 2–3 stand diese Vorschr. an zweiter und העמ׳ תלמי הרבה an dritter Stelle..
שִׁמְעוֹן הַצַּדִּיק הָיָה מִשְּׁיָרֵי כְנֶסֶת הַגְּדוֹלָה. הוּא הָיָה אוֹמֵר, עַל שְׁלשָׁה דְבָרִים הָעוֹלָם עוֹמֵד, עַל הַתּוֹרָה וְעַל הָעֲבוֹדָה וְעַל גְּמִילוּת חֲסָדִים: Simon der Gerechte12 Simon I., Sohn des Onias (Jos. Ant. XII, 2, 4), war um 300 a. Hoherpriester. gehörte zu dem Reste der großen Versammlung.13 Er gehörte zu den letzten Männern dieser Versammlung. Mit ihm und seinem Collegium schliesst die Periode der אנשי כנסת הגדולה ab, deren Lehren und Verordnungen später als דברי סופרים oder מעשה זקנים Jad. IV, 3 angeführt wurden, Mag. 1. c. S. 58 f. Er Tat den Ausspruch: Auf drei Dingen steht die Welt: auf der Tora, auf dem Gottesdienst14 עבודת בית המקדש = עבורה (AN 4) der Tempel-Gottesdienst. und auf der Liebeserweisung.15 Persönliche Liebesdienste, zu unterscheiden von צדקה Almosen (Sukka 49b). — Jerusch. Taanit IV 68a findet die hier erwähnten drei Dinge in Jesaja 51, 16 angedeutet; vgl. weiter M. 18.
אַנְטִיגְנוֹס אִישׁ סוֹכוֹ קִבֵּל מִשִּׁמְעוֹן הַצַּדִּיק. הוּא הָיָה אוֹמֵר, אַל תִּהְיוּ כַעֲבָדִים הַמְשַׁמְּשִׁין אֶת הָרַב עַל מְנָת לְקַבֵּל פְּרָס, אֶלָּא הֱווּ כַעֲבָדִים הַמְשַׁמְּשִׁין אֶת הָרַב שֶׁלֹּא עַל מְנָת לְקַבֵּל פְּרָס, וִיהִי מוֹרָא שָׁמַיִם עֲלֵיכֶם: Antigonos16 ’Aντίγονος. aus Socho17 Josua 15, 35: שובה. empfing18 קבל dem Ausdr. קבלה entsprechend, Note 2. [die Tora] von Simon dem Gerechten. Er Tat den Ausspruch: Seid nicht wie Knechte, die dem Herrn dienen in der Absicht, Lohn19 פרם (vom aram. פרס bestimmen, abschätzen) das Bestimmte, der Lohn (vgl. das hebr. חוק), wie im Arab, فرض (Geschenk, Sold) von فَرَضَ (bestimmen), vgl. M. Cahn, Pirke Aboth 17. zu empfangen, sondern seid wie Knechte, die dem Herrn dienen ohne die Absicht, Lohn zu empfangen,20 Die besten Zeugnisse lesen : ע״מ שלא לקבל פרס (in dem Gedanken, keinen Lohn zu empfangen). Dadurch erklärt es sich, wie diese Worte nach AN 5 den Sadducäern die Veranlassung boten, die Vergeltung in der zukünftigen Welt zu leugnen. Über die Sadducäer und den Bericht in AN 5 vgl. Baneth in „Magazin“ 1882 S. 3 ff. und es sei Gottesfurcht21 שמים meton. für „Gott“. über euch.22 Obschon ihr nur aus reiner Liebe Gott dienen sollet, mag dennoch auch die Furcht vor Gott bei euch sein; denn die Liebe bewegt zur Erfüllung der Gebote, während die Furcht vor Gott den Menschen vor Übertretung der Verbote der Tora schützt (Bart.), vgl. Jerusch. Berachot IX, 14b.
יוֹסֵי בֶן יוֹעֶזֶר אִישׁ צְרֵדָה וְיוֹסֵי בֶן יוֹחָנָן אִישׁ יְרוּשָׁלַיִם קִבְּלוּ מֵהֶם. יוֹסֵי בֶן יוֹעֶזֶר אִישׁ צְרֵדָה אוֹמֵר, יְהִי בֵיתְךָ בֵית וַעַד לַחֲכָמִים, וֶהֱוֵי מִתְאַבֵּק בַּעֲפַר רַגְלֵיהֶם, וֶהֱוֵי שׁוֹתֶה בְצָמָא אֶת דִּבְרֵיהֶם: Jose,23 Von den hier und M. 6, 8, 10 u. 12 erwähnten 5 Paaren von Schriftgelehrten (זוגות M. Pea II, 6) war nach Chagiga 16 b immer der erste der נשיא (der erste Präsident) und der zweite אב בית דין (der zweite Vorsitzende) des Synedrion. (Nur in M. 8 meinen Einige, Simon b. S. sei der נשיא gewesen). Zur Rechtfertigung dieser talmudischen Ansicht vgl. meine Schrift: „der oberste Gerichtshof“ (Berlin 1878) S. 26 ff. und „Magazin“ 1878 S. 94–99. Sohn Joësers,24 Nach Ber. rabba c. 65 war dieser Jose ein Oheim des Hohenpriesters Alkimos. aus Zereda25 1. Kön. 11, 26; 2. Chr. 4, 17. Nach M. 3 hätte man hier ממנו erwartet, wie in der Tat Einige korrigieren. Indessen, da nach Note 24 Jose b. Joëser um 160a. gelebt hat, so muss zwischen unserem Paare und Antigonos aus Socho eine Lücke angenommen werden, so dass die Schüler des Antigonos als die Tradenten anzusehen sind. Eine Vermutung, von welchen Schriftgelehrten unser „Paar“ die „Lehre“ empfangen, ist in „Magazin“ 1881 S. 125f. ausgesprochen. und Jose, Sohn Jochanans, aus Jerusalem empfingen von ihnen.27 בית ועד (Sota IX, 15) = בית מועד, ein Lehrhaus, wo die Weisen Zusammenkommen. für Weise, bestäube Dich mit dem Staube ihrer Füße,28 Die Schüler saßen gewöhnlich auf der Erde zu Füßen der Lehrer, vgl. z. B. B. mezia 84 b. AN. 6: שב לפניו על הארץ (sitze vor ihm auf der Erde). und trinke mit Durst ihre Worte.
יוֹסֵי בֶן יוֹחָנָן אִישׁ יְרוּשָׁלַיִם אוֹמֵר, יְהִי בֵיתְךָ פָתוּחַ לִרְוָחָה, וְיִהְיוּ עֲנִיִּים בְּנֵי בֵיתֶךָ, וְאַל תַּרְבֶּה שִׂיחָה עִם הָאִשָּׁה. בְּאִשְׁתּוֹ אָמְרוּ, קַל וָחֹמֶר בְּאֵשֶׁת חֲבֵרוֹ. מִכָּאן אָמְרוּ חֲכָמִים, כָּל זְמַן שֶׁאָדָם מַרְבֶּה שִׂיחָה עִם הָאִשָּׁה, גּוֹרֵם רָעָה לְעַצְמוֹ, וּבוֹטֵל מִדִּבְרֵי תוֹרָה, וְסוֹפוֹ יוֹרֵשׁ גֵּיהִנֹּם: Jose, Sohn Jochanan’s, aus Jerusalem spricht: Es sei Dein Haus weithin geöffnet, es seien Arme28 a AN. scheint עניים wie ענוים erklärt zu haben, (wie in den Psalmen) vgl. daselbst 7: למור בני ביתך ענוה. die Kinder Deines Hauses, und sprich nicht viel29 שיחה ein gleichgültiges Gespräch, Geschwätz. mit dem Weibe.29 a Vgl. Nedarim 20 a und Sirach 9, 9. (Vom30 Die eingeklammerte Stelle fehlt in AN. und enthält zwei Randglossen zum vorhergehenden Satze. eigenen Weibe31 Dies ist aus dem bestimmten Artikel האשה zu schließen. sagte man dies, um wieviel mehr32 קל וחומר, s. B. kamma I, Note 26. gilt dies vom Weibe eines Andern. Daher33 Dies ist die zweite Glosse, die wahrscheinlich von einem anderen Verfasser, als die erste, herrührt. sagten die Weisen: Jeder, der viel mit dem Weibe spricht, zieht sich Unheil zu, vernachlässigt die Worte der Tora, und ererbt am Ende34 סופו mit Partic., vgl. Cahn, und Sanhedrin IV, Note 35. die Hölle.35 גיא הינם Jos. 15, 8, später als Gegensatz zu גן עדן (Paradies) zur Bezeichnung der „Hölle“ gebraucht.
יְהוֹשֻׁעַ בֶּן פְּרַחְיָה וְנִתַּאי הָאַרְבֵּלִי קִבְּלוּ מֵהֶם. יְהוֹשֻׁעַ בֶּן פְּרַחְיָה אוֹמֵר, עֲשֵׂה לְךָ רַב, וּקְנֵה לְךָ חָבֵר, וֶהֱוֵי דָן אֶת כָּל הָאָדָם לְכַף זְכוּת: Josua, Sohn Perachjas, und Nittai36 Dieses Paar lebte wahrscheinlich zur Zeit Johann Hyrkans, vgl. meine Schrift: „Der oberste Gerichtshof“ S. 37f. aus Arbel37 S. Hosea 10, 14. empfingen von ihnen. Josua, Sohn Perachja’s spricht: Schaffe dir einen Lehrer, erwirb dir einen Genossen, und beurteile jeden Menschen nach der guten Seile.38 לכן זכות. Zu ergänzen ist להכריע: die Waagschale des Verdienstes herabsinken zu machen. Vgl. Schebuot 30 a u. Raschi das.
נִתַּאי הָאַרְבֵּלִי אוֹמֵר, הַרְחֵק מִשָּׁכֵן רָע, וְאַל תִּתְחַבֵּר לָרָשָׁע, וְאַל תִּתְיָאֵשׁ מִן הַפֻּרְעָנוּת: Nittai aus Arbel spricht: Halte dich fern von einem bösen Nachbar, geselle dich nicht zu einem Bösewicht, und gib39 Wenn du siehst, dass ein Bösewicht Glück hat. den Gedanken an die (göttliche) Vergeltung nicht auf.40 התיאש den Gedanken an Etwas aufgeben, s. B. mezia II, Note 3.
יְהוּדָה בֶן טַבַּאי וְשִׁמְעוֹן בֶּן שָׁטָח קִבְּלוּ מֵהֶם. יְהוּדָה בֶן טַבַּאי אוֹמֵר, אַל תַּעַשׂ עַצְמְךָ כְעוֹרְכֵי הַדַּיָּנִין. וּכְשֶׁיִּהְיוּ בַעֲלֵי דִינִין עוֹמְדִים לְפָנֶיךָ, יִהְיוּ בְעֵינֶיךָ כִרְשָׁעִים. וּכְשֶׁנִּפְטָרִים מִלְּפָנֶיךָ, יִהְיוּ בְעֵינֶיךָ כְזַכָּאִין, כְּשֶׁקִּבְּלוּ עֲלֵיהֶם אֶת הַדִּין: Jehuda, Sohn Tabbai’s,41 Lebte zur Zeit Alexander Jannai’s, vor dessen Verfolgung er nach Alexandrien geflüchtet, woher er später zur Übernahme des Nasiats zurückberufen ward (Jerusch. Chagiga II, 77 d). und Simon, Sohn Schatach’s,42 Nach dem Talmud (Berachot 48 a) ein Bruder der Königin Salome Alexandra. empfingen von ihnen. Jehuda, Sohn Tabbai’s, spricht: Benimm dich nicht wie die Obersten der Richter;43 עורכי הד׳, nach רמב״ן zu Deut. 21, 16 ארכי = ערכי הד׳ (vgl. ארכאות = ערכאות), während Einige wirklich ארכי (gr. ἀρχή) lesen: „Die obersten Richter“. So auch in Ber. rabba c. 50: לוט היה ארכי הדיינים שבכולם. Ebenso hat AN 10 unsere Stelle verstanden, wenn dort erklärt wird: man soll eine Halacha, die man gehört, nicht eher widerlegen, bis man genau nachgefragt, aus welchem Grunde diese Halacha ausgesprochen wurde, vgl. Bart. Nach Jerusch. B. batra IX, 17a lehrt unser Satz: אסור לגלות דינו ליחיד, man dürfe den Einen der Prozessierenden nicht unterrichten, ob er im Rechte ist und wie er vor den Richtern sprechen müsse, um den Prozess zu gewinnen; ebenso Babli Ketubot 52 b, 86 a, wo Raschi עורכי הדיינין als „die, welche die Richter beeinflussen, zu Gunsten des Einen der Processirenden hinwenden“ erklärt, vgl. noch Sota 47 b und Raschi das. und Sabbat 139 a. wenn die Processirenden vor dir stehen, seien sie in deinen Augen wie Schuldige, und wenn sie von dir entlassen werden, seien sie in deinen Augen wie Gerechte,44 Beide Parteien sollen vom Richter gleichmäßig behandelt werden, sowohl während sie vor ihm stehen, als nachdem das Urteil gesprochen ist, falls sie nur das letztere angenommen haben. sobald sie den Urteilsspruch angenommen haben.
שִׁמְעוֹן בֶּן שָׁטָח אוֹמֵר, הֱוֵי מַרְבֶּה לַחְקֹר אֶת הָעֵדִים, וֶהֱוֵי זָהִיר בִּדְבָרֶיךָ, שֶׁמָּא מִתּוֹכָם יִלְמְדוּ לְשַׁקֵּר: Simon, Sohn Schatach’s, spricht: Forsche gründlich die Zeugen aus,45 Die Erklärer weisen auf die Erzählung hin, dass ein Sohn des Simon b. S. einst unschuldig zum Tode verurteilt wurde (Jerusch. Sanhedr. VI, 23 b), was wohl daher kam, dass man die Zeugen nicht gründlich ausgeforscht hatte. un d sei vorsichtig in deinen Worten, sie könnten sonst daraus lernen, wie sie lügen sollen.
שְׁמַעְיָה וְאַבְטַלְיוֹן קִבְּלוּ מֵהֶם. שְׁמַעְיָה אוֹמֵר, אֱהֹב אֶת הַמְּלָאכָה, וּשְׂנָא אֶת הָרַבָּנוּת, וְאַל תִּתְוַדַּע לָרָשׁוּת: Schemaja und Abtaljon46 Sameas und Pollion bei Josephus ant. XIV, 9, 4; XV, 1, 1; 10, 4; vgl. mein: „der oberste Gerichtshof“ S. 43, Anm. 5. empfingen von ihnen. Schemaja spricht: Liebe die Arbeit, hasse die Herrschaft47 רבנות Herrschaft, Pesachim 87 b. und mache dich nicht mit Machthabern48 רשות (von רשי mächtig sein) die Macht, die Machthaber; vielleicht sind damit die römischen Machthaber gemeint, vgl. weiter II, 3, und Ab. sara 17 a. bekannt.
אַבְטַלְיוֹן אוֹמֵר, חֲכָמִים, הִזָּהֲרוּ בְדִבְרֵיכֶם, שֶׁמָּא תָחוּבוּ חוֹבַת גָּלוּת וְתִגְלוּ לִמְקוֹם מַיִם הָרָעִים, וְיִשְׁתּוּ הַתַּלְמִידִים הַבָּאִים אַחֲרֵיכֶם וְיָמוּתוּ, וְנִמְצָא שֵׁם שָׁמַיִם מִתְחַלֵּל: Abtaljon spricht: Ihr Weisen, seid vorsichtig in euren Worten;49 Dass ihr nicht Veranlassung bietet, dass eure Worte missdeutet und dadurch in eurem Namen falsche Lehren verbreitet werden. vielleicht verschuldet ihr die Strafe der Verbannung,50 AN 11 liest: שמא תורו דבר שלא כתלמוד תורה ותחובו חובת גלות ותגלו למקום מים הרעים ואף התלמידים הבאים אחריכם שמא יורו דבר משמכם שלא כתלמוד תורה ויחובו חובת גלות ויגלו למקום מים הרעים. (Ihr könntet sonst etwas lehren, das nicht mit der Tora-Lehre übereinstimmt, wodurch ihr die Strafe der Verbannung verschuldet; ihr würdet dann nach einem Orte schlechten Wassers verbannt werden; und auch die Schüler, eure Nachfolger, könnten in eurem Namen etwas lehren, das nicht mit der Tora über-einstimmt, und auch sie würden die Strafe der Verbannung verschulden und nach einem Orte schlechten Wassers verbannt werden). Diese LA. zeigt, dass die Verbannung als eine Strafe für die durch Unvorsichtigkeit verbreitete falsche Lehre betrachtet wird (anders Bart.). Doch ist diese LA. insofern im Widerspruch mit dem Texte unserer Mischna, als nach letzterer die Schüler nicht wegen ihrer eigenen Verschuldung in die Verbannung gehen, sondern nur dem Lehrer nachziehen. und ihr werdet nach einem Orte schlechten Wassers51 Sinnbild für „schlechte Lehre“. AN erklärt: „Ihr werdet unter Heiden verbannt werden und dort ihr Tun lernen“ (Ps. 106, 35). verbannt; die Schüler, die euch nachziehen52 Vgl. Makkot 10 a: הרב שגלה מגלין ישיבתו עמו (Wenn ein Lehrer in die Verbannung geht, lässt man seine Schule mit ihm ziehen)., trinken (davon)53 Wenn auch die schlechte Lehre euch nicht schaden würde, so könnte sie doch euren Schülern den Tod bringen. und sterben. Die Folge wäre, dass der Name Gottes entheiligt würde.54 ונמצא — מתחלל fehlt in AN.
הִלֵּל וְשַׁמַּאי קִבְּלוּ מֵהֶם. הִלֵּל אוֹמֵר, הֱוֵי מִתַּלְמִידָיו שֶׁל אַהֲרֹן, אוֹהֵב שָׁלוֹם וְרוֹדֵף שָׁלוֹם, אוֹהֵב אֶת הַבְּרִיּוֹת וּמְקָרְבָן לַתּוֹרָה: Hillel55 Lebte nach Sabbat 15 a 100 Jahre vor der Tempelzerstörung. und Schammai empfingen von ihnen. Hillel spricht: Sei von den Jüngern Aharons, den Frieden liebend und nach Frieden strebend,56 Ps. 34, 16. die Menschen liebend und sie hinführend zur Tora.57 Vgl. Mal. 2, 4; 6.
הוּא הָיָה אוֹמֵר, נָגֵד שְׁמָא, אָבֵד שְׁמֵהּ. וּדְלֹא מוֹסִיף, יָסֵף. וּדְלֹא יָלֵיף, קְטָלָא חַיָּב. וּדְאִשְׁתַּמֵּשׁ בְּתָגָא, חָלֵף: Er spricht ferner:58 AN 12 meint, Hillel habe die folgenden Sprüche בלשון בבלי (in babylonischer Sprache) gesagt. Hillel war bekanntlich ein Babylonier. Wer seinen Namen auszubreiten59 נגד ziehen, ausbreiten. strebt, verliert seinen Namen; wer nicht zunimmt (an Wissen), nimmt ab;60 יסף (von סוף) macht aufhören. AN 12: פסיד, verliert. wer nicht lernt ,61 Anst. ודלא יליף hat AN: ודלא משמש חכימיא, wer nicht die Weisen bedient. שמש חכמים wird oft für „lernen“ gebraucht, ist des Todes schuldig, und wer sich der Krone62 Der Tora. Nach AN: des Gottesnamens. bedient,63 Zu seinem eigenen Vorteile. schwindet dahin.64 AN: אבד ואזיל ליה, der geht dahin, vgl. weiter IV, 5.
הוּא הָיָה אוֹמֵר, אִם אֵין אֲנִי לִי, מִי לִי. וּכְשֶׁאֲנִי לְעַצְמִי, מָה אֲנִי. וְאִם לֹא עַכְשָׁיו, אֵימָתָי: Er spricht ferner: Wenn ich nicht für mich bin,65 Wenn ich selbst nicht für mich Verdienste erwerbe. wer ist für mich? und wenn ich für mich allein bin,66 Wenn ich nur für mich allein und nicht auch für Andere (nach Vollkommenheit) strebe. was bin ich? und wenn nicht jetzt, wann denn?67 Vielleicht wird es dir später nicht mehr möglich sein; schiebe daher die gute Tat nicht auf!; s. weiter II, 4.
שַׁמַּאי אוֹמֵר, עֲשֵׂה תוֹרָתְךָ קֶבַע. אֱמֹר מְעַט וַעֲשֵׂה הַרְבֵּה, וֶהֱוֵי מְקַבֵּל אֶת כָּל הָאָדָם בְּסֵבֶר פָּנִים יָפוֹת: Schammai sagt: Mache dein Torastudium zum ständigen Geschäfte;68 קבע etwas Festbestimmtes, was man beständig tliut, niemals unterlässt; Gegens. עראי, etwas Zufälliges, was man manchmal zufällig tut. דורות הראשונים עשו תורתן קבע ומלאכתן עראי, die früheren Geschlechter haben ihr Torastudium zu einer ständigen, ihr Gewerbe aber zu einer zufälligen Beschäftigung gemacht, (Berachot 35b). sprich wenig und tue viel,69 S. B. mezia 87 a. und empfange jeden Menschen mit freundlichem Angesichte.70 נשא = סבר tragen, erheben; סבר פנים יפות = נשא פנים יפות, ein freundliches Angesicht zuwenden.
רַבָּן גַּמְלִיאֵל הָיָה אוֹמֵר, עֲשֵׂה לְךָ רַב, וְהִסְתַּלֵּק מִן הַסָּפֵק, וְאַל תַּרְבֶּה לְעַשֵּׂר אֹמָדוֹת: Rabban71 In AN 14 folgt nach Schammai רבן יוחנן בן זכאי (weiter II, 8). Es ist sicherlich das Stück I, 16—II, 4 a eine spätere Interpolation in die ursprüngliche Reihe der „Väter“, welche Rabbi den Mischna-Redaktor, dessen Sohn sowie dessen Vater und Großvater als Nachkommen Hillels, an Hillel und Schammai anschließt. Davon mag I, 16—17, das in AN später (c. 22) steht, von Rabbi selbst hierher versetzt worden sein. Ebenso hat wohl Rabbi noch I, 18, das in AN fehlt, hier hinzugefügt, vgl. EM 33f. Gamliel72 Nicht R. Gamliel ha-Saken, wie manche Erklärer meinen, sondern R. Gamliel II., wie EM 31 f. bewiesen wird. spricht: Schaffe dir einen Lehrer, entziehe dich dem Zweifelhaften,73 Indem du über alles Zweifelhafte den Lehrer um Bescheid fragst. und verzehnte nicht oft nach Abschätzung.74 Während man die Theruma nach Abschätzung gab, durfte man den Zehnten nicht באומד geben (Menachot 54 b). Dieser Satz ist hier bildlich zu fassen, dass man nicht nach Vermutung eine religiöse Entscheidung treffe, vielmehr sich durch Befragen des Lehrers Gewissheit zu verschaffen suche; vgl. Jerusch. Taanit IV, 68 c: שלא יהא אדם דן אומדות, es richte Niemand nach Vermutungen.
שִׁמְעוֹן בְּנוֹ אוֹמֵר, כָּל יָמַי גָּדַלְתִּי בֵין הַחֲכָמִים, וְלֹא מָצָאתִי לַגּוּף טוֹב אֶלָּא שְׁתִיקָה. וְלֹא הַמִּדְרָשׁ הוּא הָעִקָּר, אֶלָּא הַמַּעֲשֶׂה. וְכָל הַמַּרְבֶּה דְבָרִים, מֵבִיא חֵטְא: Simon,75 Er sprach dies in seiner Jugend, als er noch nicht „Rabban“ genannt wurde, vgl. Sanhedrin V, Note 14. sein Sohn, spricht: All’ mein Lebtag bin ich unter Weisen aufgewachsen und habe nichts Besseres für den Menschen76 גוף Person, Mensch, s. IV, 6. gefunden als Schweigen; nicht die Lehre ist die Hauptsache, sondern die Tat,77 Vgl. Kidduschin 40 b. und wer viel Worte macht, bringt Sünde (zu Wege).78 Spr. 10, 19.
רַבָּן שִׁמְעוֹן בֶּן גַּמְלִיאֵל אוֹמֵר, עַל שְׁלשָׁה דְבָרִים הָעוֹלָם עוֹמֵד, עַל הַדִּין וְעַל הָאֱמֶת וְעַל הַשָּׁלוֹם, שֶׁנֶּאֱמַר (זכריה ח) אֱמֶת וּמִשְׁפַּט שָׁלוֹם שִׁפְטוּ בְּשַׁעֲרֵיכֶם: Rabban Simon79 Derselbe wie in M. 17; vgl. Note 71 u. 75., Sohn Gamliels, spricht: Auf drei Dingen steht80 Jerusch. Taan. IV, 68 a liest עומד, wie in M. 2. die Welt, auf der Wahrheit, auf dem Rechte und auf dem Frieden,81 Den Widerspruch zwischen unserer M. u. M. 2 suchen Manche durch die Annahme zu lösen, dass oben die Gründe zur Erschaffung und hier die Dinge, die zur Erhaltung der Welt nötig sind, genannt werden. (denn82 Späterer Zusatz nach Jerusch. Taanit IV, 68 a. es heißt (Sech. 8, 16): Wahrheit und Recht des Friedens richtet in euren Thoren).